Das literarische Debüt. Autoren, Verlage, Literaturkritik und: das erste Buch

 

SS 2009, Universität Regensburg

Blockseminar: Freitag, 12-18 Uhr, Termine: 24.4.2009, 15.5.2009, 19.6.2009, 17.7.2009

Leitung: Dr. Susanne Krones

 

»Die Weltliteratur besteht aus Debütromanen.«, konstatierte Marcel Reich-Ranicki 1993 im ›Literarischen Quartett‹ des ZDF. Ob man Reich-Ranickis Position teilt oder nicht: Dass das erste Buch eines Autors für Autor, Verlag und Literaturkritik eine besondere Stellung einnimmt, wird niemand bestreiten. Was aber ist es, was Erstlingswerke auszeichnet? Gibt es eine Ästhetik des literarischen Debüts? Prototypische Anfänge von Autorenkarrieren? In welcher Verbindung steht das Debüt im Rückblick zu späteren Veröffentlichungen des Autors und wie stehen Autorinnen und Autoren Jahre später zu ihrem Debüt? An den prototypischen Debüts Bertolt Brechts (Die Bibel, 1913/14), David Salingers (The Catcher in the Rye, 1951) und Françoise Sagans (Bonjour tristesse, 1954) werden diese Fragen beantwortet. In der Mediengesellschaft des ausgehenden 20. und beginnenden 21. Jahrhunderts haben sich die Entstehungsbedingungen von Literatur verändert. An sechs Debüts, die zwischen 1991 und 2008 erschienen sind, wird diesen Veränderungen nachgespürt: an Thomas Brussigs Wasserfarben (1991), Ingo Schulzes 33 Augenblicke des Glücks (1995), Julia Francks Der neue Koch (1997), Antje R. Strubels Offene Blende (2001), Jenny Erpenbecks Geschichte vom alten Kind (2001) und Christopher Kloebles Unter Einzelgängern (2008). So verschieden diese Texte sind, eines haben alle Debüts gemeinsam: Für ihre Autoren und Verlage waren sie unberechenbar.

Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer dieses Seminars nähern sich dem Phänomen ›literarisches Debüt‹ aus zwei Perspektiven: Aus literaturwissenschaftlicher Perspektive analysieren sie prototypische Debüts der Literaturgeschichte und der neuesten deutschen Literatur, aus verlagspraktischer Perspektive erfahren sie, mit welchen Strategien Verlage versuchen, literarische Debüts zu Erfolgen zu machen. Sie lernen die Arbeit in einem Literaturverlag kennen, erfahren, wie Lektoren Autoren akquirieren, wie sie mit Literaturagenten und Lizenzabteilungen anderer Verlage zusammenarbeiten, nach welchen Kriterien sie deutschsprachige Manuskripte und ausländische Prüfexemplaren begutachten und über Annahme oder Ablehnung entscheiden.

Wie es dem Praxischarakter des Seminars entspricht, haben die Studierenden Gelegenheit, eigene Vorschau- und Klappentexte sowie Literaturkritiken zu literarischen Debüts zu verfassen und auf diese Weise die unterschiedlichen Blickwinkel von Lektoren und Kritikern einzunehmen. Die Seminarleiterin ist promovierte Literaturwissenschaftlerin und Lektorin des Deutschen Taschenbuch Verlags und Carl Hanser Verlags. Zuvor hat sie als Literaturkritikerin Debüts und Neuerscheinungen rezensiert.

 

Literatur: Breyer-Mayländer, Thomas: Wirtschaftsunternehmen Verlag. Bramann: Frankfurt am Main 2001 – Bücher machen. Ein Handbuch für Lektoren und Redakteure. Bramann: Frankfurt am Main 2004 – Das erste Buch. Schriftsteller über ihr literarisches Debüt, hrsg. v. Renatus Deckert. Suhrkamp: Frankfurt am Main 2007 – Erstlinge, hrsg. v. Günther Emig und Peter Staengle. Kleist-Archiv Sembdner: Heilbronn 2004 – Kortmann, Christian: Die aus dem Nichts kommende Stimme. Zur Ästhetik des literarischen Debüts in der Mediengesellschaft. Königshausen & Neumann: Würzburg 2006 – Positionen der Literaturkritik, hrsg. v. Norbert Miller und Dieter Stolz. SH-Verlag: Köln 2002 (Sonderheft der Zeitschrift ›Sprache im technischen Zeitalter‹) – Premiers Romans 1945-2003, hrsg. v. Marie-Odile André u. Johan Faerber. Presses Sorbonne Nouvelle: Paris 2005 – Reclams Sachlexikon des Buches, hrsg. v. Ursula Rautenberg. Reclam: Stuttgart 2003 – Young Mr. Brecht Becomes a Writer. International Brecht Society: Pennsylvania 2006 (The Brecht Yearbook 31)

 

Scheinerwerb: Regelmäßige Teilnahme an den Veranstaltungen des Blockseminars sowie Teilnahme an kleinen, praktischen Übungen, in denen sich die Studierenden in dem ausprobieren, was ein Lektor können muss: lesen, bewerten (Lektoratsgutachten, Literaturkritiken), konzipieren und akquirieren, bearbeiten und schreiben (Vorschau-, Umschlag- und andere Paratexte). Zur Diskussion unter den Teilnehmerinnen und Teilnehmern steht auf www.susanne-krones.de ein Blog zur Verfügung.

 

Teilnahmevoraussetzungen: Teilnehmen können Studierende ab dem 4. Semester. Aus organisatorischen Gründen ist das Praxisseminar auf 20 Teilnehmer beschränkt. Anmelden können sich Interessierte bis 15. März 2009 im Sekretariat bei Josefa.Hoenig@sprachlit.uni-regensburg.de.

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